Es hätte keinen Sinn gehabt, als Modefotograf zu arbeiten, zumal es unter den guten Lebensmittel - Fotografen nur wenige gibt, die über ein umfangreiches Fachwissen auf beiden Gebieten verfügen, sagt er. Doch gerade das Fachwissen kann bares Geld wert sein, wenn Eis nicht zu schnell schmelzen darf oder schon wieder kaltes Essen immer noch aussehen soll, als käme es gerade aus dem Topf. Und kalt sind die Speisen fast immer, denn das Arrangieren und Ausleuten der Objekte dauert häufig Stunden. Wenn Saucen mit Butter oder Mehl gemacht würden, hätte sie längst eine Haut gezogen, bevor ich das erste Bild gemacht hätte, sagt Kanngießer.
Trotz solcher Schwierigkeiten verzichtet der Foodstylist, der unter anderem für den Otto- Konzern, Heimfrost und Kraft fotografiert, auf manchen bekannten Trick: Eine Ente mit Gips zu füllen oder Schokoriegel mit Altöl zu übergießen, käme ihm nicht in den Sinn. Man darf den Kunden nicht betrügen. Zwischen Foto und Packungsinhalt darf es keinen Unterschied geben, sagt der Fotograf und Koch, der auch aus farblichen Gründen keine Maiskolben zu einem Gericht legen würde, wenn die Delikatessen nicht zusammenpassen.
Das schwierige bei dieser Arbeit ist, daß die Menschen die abgebildeten Gerichte weder schmecken noch riechen können. Deshalb muß das Aussehen natürlich stimmen. Trotzdem muß ein Gericht auch schmecken, wenn es nachgekocht wird, sagt Robert Kanngießer. Damit die Optik stimmt, ist die Pinzette eines seiner wichtigsten Werkzeuge. Nicht selten werden die Reiskörner einer Reispfanne in mühevoller Kleinarbeit in die richtige Lage gebracht. Saucen kommen meistens aus der Einwegspritze und kleinste Fettflecken auf dem Teller müssen mit Watte entfernt werden.
Wieviel Geduld der Beruf erfordert wird jedoch erst deutlich, wenn der Foodstylist von Werbeaufnahmen für einen bekannten Kaffeekonzern berichtet: Wir waren mit 15 Leuten einen ganzen Tag damit beschäftigt, wenige Meter Film zu drehen. In einer Tasse sollte sich dampfender Kaffee mit einer Schaumkrone drehen. Dafür mußte jede Tasse neu gebrüht werden, weil sich bei altem Kaffee die ätherischen Öle lösen und dadurch keine Krone mehr entstehen kann..
Eine ähnliche Geduld hat Robert Kanngießer auch beim Aufbau seines Geschäftes bewiesen. Weil ihm nach der zweiten Ausbildung das Geld für eine teure Studioausrüstung fehlte, begann der Fotograf mit einer 40 Jahren alten Großbildkamera. Ein Objektiv hatte sogar schon Muschelfraß, aber ich konnte Bilder machen, sagt er. Inzwischen arbeitet Kanngießer mit modernen Licht- und Fotoanlagen, denn der Umsatz von robert kanngießer food & foto stieg in jedem Jahr.
Nächstes Ziel des Jungunternehmers ist ein Studio außerhalb des Wohnhauses. In etwa 4 Jahren möchte er 3-4 Mitarbeiter beschäftigen. Das geht allerdings nur, wenn ich einigermaßen sattelfest bin. Schließlich habe ich dann den Leuten gegenüber eine Verantwortung, sagt Robert Kanngießer.